Wenn der Sohn eine Tochter wird

In einem berührenden Interview ergründet freigeist-Redakteurin Ingrid Ratheiser die Geschichte einer Mutter eines Transgenderkindes.

„Ich habe mich inhaltlich, auf dieses Interview mit Eva* – Mutter von Antonia, welche als Anton auf die Welt kam – nicht vorbereitet. Ganz bewusst, denn ich wollte so unbeeinflusst wie möglich in diese Begegnung gehen.“

*)Namen von der Redaktion geändert!

Eva, du bist Mutter eines Transgenderkindes. Wann bist du selbst zum ersten Mal mit dieser Thematik konfrontiert worden? Gibt es in deiner Biographie Erfahrungen dazu? 

Nein, überhaupt nicht, ich habe darüber nicht wirklich etwas gewusst. Ja, ab und an habe ich Menschen, die als Transvestiten auftraten gesehen, aber darüber nicht weiter nachgedacht. Es war irgendwie komisch für mich, dass war`s dann auch schon. Ich habe mich nie mit dem Thema Geschlechtsidentität auseinandergesetzt. Wäre es anders gewesen, hätte ich meine Kinder im Vorfeld darüber informieren und aufklären können. Dann wäre Antonia mit ihrem So-Sein nicht in dieses unbewusste Feld geworfen worden. Im Nachhinein gesehen, gab es mögliche Hinweise, wo ich erkennen hätte können, aha – da zeigt sich etwas anderes als bei heterosexuell veranlagten Kindern. Leider fehlte mir zu dieser Zeit jegliches Wissen über Transidentität.

Wie und wann zeigte sich Antonia? 

Also wenn ich bei der Geburt beginne, da war alles sogenannt normal. Ihre Identität hat nichts mit Intersexualität, wo beide Geschlechter physisch angelegt sind, zu tun. Sie wurde eindeutig mit den körperlichen Geschlechtsmerkmalen eines Buben geboren. Begonnen hat es über die Sozialisation außerhalb der Familie, im Kindergarten und danach in der Schule. Da zeigte sich z. B. beim Toilettegehen im Kindergarten ein wortwörtliches „verhalten“. Buben und Mädchen gingen da getrennt und er begann seinen Entledigungsdrang zurückzuhalten. Auf einmal war spürbar, dass er mit Angst und Unsicherheit konfrontiert war. Wir waren damals auch im Krankenhaus deswegen, nur ahnten wir und auch niemand anderer vom wirklichen Thema dahinter. Eigentlich kann ich auch heute nicht sicher sagen, dieses Verhalten kam aus dem Phänomen der Transidentität, es kann ja auch ein temporär organisches Problem gewesen sein. Hinterher vermutet man dann viel…

Er hat auch mehr mit Mädchen gespielt, da könnte ich hineininterpretieren, dass das ein Zeichen war und ich als Mutter es erkennen hätte müssen. Beim Beobachten war es ein Spielen wie von Mädchen mit Mädchen, er wurde auch in der Volksschule mehr von Mädchen eingeladen.

Vermutet man auf Grund solcher Hinweise, dass sich hier eine Transgenderthematik zeigt? Ist ein solches Verhalten in bestimmten Entwicklungsphasen nicht eine natürliche Gegebenheit? 

Den konkreten Gedanken, sie hätte eigentlich ein Mädchen werden sollen, den gab es in dieser Zeit nicht. Etwas später gab es einmal die Überlegung, dass er vielleicht homosexuell werden könnte. Diese Gedankenkonstrukte von: hätte er…, wäre er… bilden sich erst im Nachhinein.

Wie alt war dein Kind, als diese ersten Gedanken da waren? 

Das war so frühe Volksschulzeit. Ich habe diese Gedanken jedoch wieder verworfen.

War es ein intuitives Wahrnehmen? 

Nein, definitiv nicht, sonst hätte ich anders agiert, wäre dem nachgegangen. Wenn Antonia jetzt über diese Zeit spricht, dann erzählt sie: “Ich dachte, bei mir ist etwas anders, bei mir stimmt etwas nicht.“ Das hat Anton damals permanent versteckt.

Wann kam es bei ihm ins kognitive Bewusstsein?

Aus seiner Reflexion heraus beschreibt er, dass dieses „Bei mir ist etwas falsch“ im Kindergartenalter schon da war. Das ausdrücken, dieses Gefühl verbalisieren konnte er lange nicht, für ihn gab es kein Entscheiden zwischen sich zeigen oder verstecken. Das Verbergen war ein automatisches Geschehen.

Wann war für dich als Mutter klar, dass bei Anton etwas anders ist? 

Zu Beginn der Pubertät und Vorpubertät. In der Volksschule, wo Kinder etwas differenzierter im Geschlechterkontext miteinander umgehen. In der dritten Klasse Volksschule bemerkte ich, er wird ruhiger und introvertierter. Auch das zeigte sich ganz subtil. Ich dachte dann, er ist halt schüchterner. Als dann die Zeit im Gymnasium kam, wo sich sein Körper leicht zu verändern begann, sich leichter Bartwuchs einstellte, wo generell die Behaarung mehr wurde, da habe ich zum ersten Mal bewusst beobachtet: „Komisch, alle anderen freuen sich darüber, dass die Stimme männlicher wird, der Bartwuchs >>

einsetzt, Anton lehnte es vehement ab…“ Er war dann auch ungewöhnlich lange im Stimmbruch, vermutlich weil er sich so gewehrt hat gegen diese tiefere Stimme. Für ihn war diese beginnende männliche Entwicklungsphase schrecklich. 

Konnte er das zu dieser Zeit kommunizieren? 

Nein, auch da war es nicht möglich. Ich habe gemerkt, dass es da eine Ablehnung gibt und habe dann mit Kommentaren wie „Das ist doch schön und männlich!“ Mir gefällt das!“ reagiert. Damit habe ich unbewusst seine innere Unsicherheit, seine Selbstzweifel genährt. In der Volksschulzeit wollte er lange Haare tragen. Da er sehr dichtes Haar hat, reagierte ich auf diesen Wunsch mit Kommentaren wie „Das passt nicht so gut, da wirkt dein Kopf so groß!“ Ich habe ihm dann eingeredet, sie wieder zu schneiden. Ich habe ihn einfach nicht erfasst, die zaghaft geäußerten Wünsche und Bedürfnisse dieser Kinderseele nicht wahrgenommen. Im Nachhinein bereue ich das. (Wir sind beide sehr berührt …)

Wie alt ist Anton jetzt? Entschuldige, jetzt ist ER ja SIE. Gibt es einen kalendarischen Punkt, wo diese Transformation von Er zu Sie festgemacht werden kann? 

Antonia ist jetzt 20. Ja, diesen Punkt gibt es. Anton hatte mit 16 eine Blinddarmoperation und hat sich von dieser Operation psychisch nicht erholt. Erst dachten alle, die Ursache dafür ist die Operation, er sei zu schwach. Bis schließlich erkannt wurde, dass dahinter eine Depression steckt. Ab da gab es konkrete Impulse von ihm, er sagte: „Es gibt da ein Geheimnis.“  Ich habe dann nachgebohrt: „Was könnte das sein? Stehst du auf Burschen?“ Darauf kam spontan ein “Ja“. Er konnte dann deutlich machen, dass es da noch etwas gibt, wobei es ihm sehr schwer fiel zu sagen, was es ist. Durch mein immer wieder Nachfragen kam dann langsam ans Licht, dass er sich als Mädchen fühlte und somit im falschen Geschlechtskörper steckt. Zu dieser Zeit war es sein ausdrücklicher Wunsch, dass das niemand außer mir erfahren soll. Er sagte, er möchte es als Geheimnis behalten und gleich darauf: „Ich möchte später einmal Brüste haben!“. Als er darüber zu sprechen begann, ging es ihm psychisch sehr schlecht. Er war bis dahin mit seinem Unglücklichsein über das angeborene Geschlecht mutterseelenallein.

Wie ging es dir dabei? 

Meine erste Reaktion, meine ersten Gedanken waren „Ich liebe mein Kind, egal ob männlich oder weiblich.“ Danach kamen schon auch Gedanken, wie: „Eine solche Operation ist nicht so ohne.“ Das Gefühl dahinter war schlicht Angst. Antonia ist sehr groß, das wiederum stellte sie sich schwieriger vor als bei einer kleineren Körpergröße. Mental kamen viele Begründungen, die diese Angst nährten. Da kam ein Prozess, der ja schon lange in der Tiefe da war, an die Oberfläche. Als der Blinddarm herausoperiert wurde, war die Phase meiner „Blindheit“ zu Ende. Ihr ging es weiterhin nicht gut. Sie rief oft von der Schule an, weil sie einfach nicht mehr konnte. Paradoxerweise hatte sie Elektrotechnik gewählt, einen doch sehr männlichen Zweig. Gerade der Werkstattunterricht erschöpfte sie total. Eine Zeitlang ging das, bis dann die Entscheidung des Schulabbruches unumgänglich war.  

Ich hoffe du entschuldigst, dass ich immer wieder zwischen „Er“ und „Sie“ wechsle. Dahinter geht es für mich um ein „Kind.“ 

Ja, so ist es auch für mich als Mutter. Aufgrund der Gefühlswelt und Feinfühligkeit meines Kindes empfinde ich es als sehr weiblich, aber in anderen Bereichen ist es irgendwie beides. Für mich gibt es mittlerweile nicht einfach nur Männer und Frauen, der Zugang im Denken erfährt da eine Grenze. Ich habe viel gelesen darüber und sehr viele Menschen erzählen auch, sie fühlen sich weder als Frau noch als Mann. 

Wurde es für Antonia, nachdem sich diese Thematik offenbaren konnte, leichter? 

Es war tatsächlich so, dass es ein Durchatmen gab. Ich war der Meinung: „Jetzt haben wir die Wurzel!“ Ich habe mich gefreut, dass ich mein Kind jetzt näher kennenlernen kann. Dass ich, wo ich jetzt weiß, worum es geht, mich informieren kann und dann auch fähig bin zu ermutigen und zu unterstützen. Es war konstruktive Energie da. Er wollte immer einen Schottenrock haben, ich habe ihn dann ermutigt und wir sind in ein Geschäft gegangen, wo er seinen ersten (Schotten-)Rock gekauft hat. Er hat gestrahlt. Kurz war da das Empfinden, jetzt geht es bergauf… (mit tränennassen Augen). In Wahrheit ging es bergab. Sie hat sich dann wieder immer mehr zurückgezogen, weil es ihr so schlecht ging. Unterstützende Heilmittel, selbst homöopathische, wollte sie nicht nehmen. Auch beraterische Maßnahmen brachten letztendlich keine Erleichterung. Im therapeutischen Kontext tauchte dann das Suizidthema auf. Es wurde einfach immer schlimmer. Sie begann sich auch zu „ritzen“. Da war dann klar, es braucht mehr professionelle Hilfe. Es stellte sich heraus, dass es schwer ist für ein Kind, in diesem Zusammenhang geeignete therapeutische Maßnahmen zu finden. Nach dem ersten Gespräch mit einem Psychologen war klar, dass ein stationärer Aufenthalt unumgänglich war. Die Suizidabsicht war stark präsent.

Konnte Antonia da ihre Verzweiflung klar artikulieren? 

Ja. Sie wurde dann drei Monate lang stationär aufgenommen. Ich hatte das Gefühl, das Kind kämpft mit sich selbst. Nach dem stationären Aufenthalt haben wir dann endlich einen Therapeuten, der auf Kinder spezialisiert war, gefunden. Da passierte dann ein Wandel, er hat sich Kleider angezogen, hat sich dann zu Hause als sie gezeigt und auch den Mut gefunden, so nach draußen zu gehen. Sie fuhr dann als Antonia zur Therapiestunde, wobei das keineswegs etwas spielerisch Leichtes für sie war. Antonia war psychisch instabil, wirkte ganzheitlich erschöpft und auf „diesen Weg nach draußen“ machte sie sich oftmals mit schweißbedeckter Stirn. Wenn es ihre psychische und physische Konstitution nicht zuließ, haben der Papa, die Geschwister oder ich sie begleitet. Das ganze Prozedere, was das medizinisch-gesetzliche Drumherum betrifft, hat einen immensen Einfluss. Es ist ja verständlich, dass ein solches Geschehen genau überprüft und über einen längeren Zeitraum von Experten beobachtet wird, bevor mit medikamentösen Maßnahmen begonnen wird. Gerade für einen so jungen Menschen, der sich schon seit der Kindheit mit seiner sexuellen Identität auseinandersetzen muss, ist es aber sehr kräfteraubend, wenn er immer wieder hört, dass es womöglich doch nur eine zuerst vorpubertäre, dann pubertäre und schließlich eine nachpubertäre Phase sei. So quasi eine „Idee“. Man muss mindestens ein halbes Jahr in psychotherapeutischer Behandlung sein, damit überhaupt ein erstes Gutachten ausgestellt wird. Danach braucht es weitere drei Gutachten von anderen unabhängigen Sparten. Parallel dazu war es ein psychisches Auf und Ab, tendenziell immer weiter nach unten. Nach dem stationären Aufenthalt war das  Zurückkehren in die männlich orientierte Welt nicht mehr möglich. Die Schule, speziell der Werkstattunterricht war für sie dann nicht mehr schaffbar. Ich habe mit dem Bezirksschulinspektor gesprochen. Hier war die Bereitschaft, genau diese für Antonia schwierigen Bereiche menschlich zu gestalten, gegeben. Auch der Klassenvorstand vertrat mit einer sehr humanen Haltung den Umgang mit der Situation. Letztendlich sind und waren viele Menschen aber überfordert, was nicht verwerflich ist, da es im gesellschaftlichen Kollektiv keine transparente Wissensvermittlung dazu gibt. Sie hat es letztendlich nicht geschafft, weiterzumachen. 

Wurde dann eine neue Entscheidung betreffend berufliche Zukunft getroffen?

Ja, nach langem Suchen hat sie letztendlich in der BAKIP begonnen. Dort bekam sie die Möglichkeit, in die 6. Klasse einzusteigen. Die erste Zeit ging das ganz gut. Es zeigte sich dann aber wieder diese Dynamik von hoch und tief und wieder war die letztendliche Richtung weiter in die Tiefe. Bis es zum nächsten Zusammenbruch kam. Ich habe halt immer wieder geschaut, dass sie zur Schule geht, bis sie dann eines Morgens, völlig erschöpft am Bett sitzend sagte: „Ich kann nicht mehr. Es geht nicht mehr.“ Darauf folgte ein tragisches Wochenende. Wir wussten, es geht ihr nicht gut. Dass sie letztendlich so akut gefährdet war, das haben wir in dem Moment nicht realisiert. Mein Mann und ich gingen in ein Gasthaus essen. Beim Nachhausegehen, beobachteten wir, wie die Rettung um unser Haus kreiste. Die haben scheinbar den Eingang gesucht. Da war uns noch nicht bewusst, dass die in unsere Wohnung wollten. …es war dann so, dass sie sich mit Tabletten das Leben nehmen wollte. 

Hat sie selbst Hilfe verständigt? 

Ja, Gott sei Dank hat „etwas“ in ihr wirklich auf die letzte Minute die Rettung angerufen. Es war sehr ernst. Die Ärzte sagten uns, es kann gut gehen und auch nicht. Sie konnten ihr den Magen nicht mehr auspumpen, da schon zu viel Zeit vergangen war. Da war sie 18. Zu dieser Zeit war sie schon im hormonellen >> Prozess, bei dem die männlichen Hormone unterdrückt und weibliche eingenommen werden. Ich habe mir das als Laie dann so erklärt, dass sich ihre Sensibilität und Empfindsamkeit dadurch noch mehr intensiviert haben. Sie hat sich alles noch mehr zu Herzen genommen.

Was hast du in dieser Zeit als hilfreich für Antonia und Euch erlebt? 

Also der einzige wahre Halt war die Familie. Wir wurden immer wieder auf uns selbst zurückgeworfen und haben uns oftmals sehr verlassen gefühlt. Antonia hatte vor der schwierigen Zeit wenige Freunde, keine intensiven Freundschaften und dann in dieser heftigen Zeit gar keine mehr. Die Kontakte brachen total ab. Die Psychopharmaka, die sie einnahm, verstärken die Suizidgefahr. So steht es auch im Beipacktext. Man ist so hilflos in einer solchen Situation, du weißt nicht mehr, was lebensbedrohlicher ist, die Medikamente zu nehmen oder sie nicht zu nehmen. Im psychiatrischen Krankenhaus wurde sie regelrecht eingebettet in Medikamente. Als sie vom Aufenthalt heim kam, hat sie 11 bis 13 Tabletten am Tag genommen. Wenn sie vergessen hat sie zu nehmen, habe ich sie erinnert und animiert sie zu nehmen. Richtig oder falsch, ich weiß es nicht mehr – letztendlich möchte man nur das Beste für sein Kind… (weint). Nach dem ersten Krankenhausaufenthalt hat ihr auch heilpädagogisches Voltigieren geholfen.

Die Psychotherapeutin bei der sie jetzt, seit zwei Jahren ist, konnte die Dosis dann sukzessive reduzieren und mittlerweile nimmt sie keine Psychopharmaka mehr. Es war nicht einfach mit den Medikamenten aufzuhören, das sind ja massive Hemmer. Es ist unglaublich, was man mit so einer Medikation verändert – ich erkannte als Mutter mein Kind nicht mehr. Es wurde alles leichter, als sie 18 Jahre alt war. Die renommierten Experten im therapeutischen Feld sagten uns alle, sie dürfen Antonia erst als Klientin nehmen, wenn sie volljährig ist. 

Wie geht es dir und Antonia aktuell?

Allgemein ist der Prozess – der ja immer noch läuft – stabiler geworden. Vor kurzem kam Antonia aufgelöst zu mir und sagte, sie habe sich geirrt, getäuscht …, es stimme vielleicht alles nicht und sie hört jetzt mit der Einnahme der Hormone wieder auf. Da habe ich geschluckt! Bisher habe ich immer sehr verständnisvoll reagiert, diesmal konnte ich das nicht. Ich hatte ihr viel geholfen, die ganzen Behördenwege bei der Namensänderung habe ich für sie gemacht. Jetzt dachte ich mir: „Gut, wenn es so sein soll, auch gut. Nur, ich mache jetzt nichts mehr.“ Auf der Trans-X-Ambulanz am AKH – wo sie in guter Betreuung ist – werden solche Phasen achtsam begleitet. Mittlerweile ist sie wieder „stabil“ im Transformationsprozess. 

Wie geht es nun weiter? 

Bis zur Operation bekommt sie die männlichkeitsunterdrückenden Injektionen und gleichzeitig nimmt sie weibliche Hormone ein. Nach der Operation fallen die Spritzen weg. Weibliche Hormone muss sie ihr Leben lang nehmen, jedoch in geringerer Dosis. Eine Operation ist bei Antonia unumgänglich. Ich weiß, man kann hier viele Sichtweisen darstellen. Für sie ist es, wie auch für manche andere in dieser Situation – dazu habe ich viel gelesen – das Credo mancher Betroffener: entweder operieren oder sterben. Im Dezember ist der Operationstermin.

Was denkst du, hätte den Weg von Antonia erleichtert? Welche Botschaft möchtest du in dieser Zeitschrift platzieren? 

Ich denke, wenn es im Sozialisierungsprozess außerhalb der Familie, im Kindergarten, in der Schule, in der Gesellschaft ein größeres Bewusstsein abseits der konservativen Rollenbilder gäbe, könnten Menschen in solchen Prozessen anders begleitet werden. Gerade Kinder brauchen eine Umgebung, die Halt gibt, die mit Vertrauen und Güte hinter ihnen steht. Wenn diese Umgebung selber Angst hat und unsicher ist, ist ein konstruktives Begleiten nicht möglich. Sich kundig machen, aufklären und lernen ist so wichtig. In vielen Unternehmen gibt es ein Human-Resource-Management. Das sollte es auch in jedem Kindergarten und in jeder Schule geben, zumindest solange, bis Menschlichkeit ein integraler Bestandteil jedes Einzelnen ist.

Ich bin berührt und auch betroffen über die Dimension dieses Weges, den ihr da gemeinsam gegangen seid bzw. noch geht. Mir bleibt, mich für dieses wertvolle, authentische Gespräch zu bedanken und euch allen das Beste für die Zukunft und besonders Antonia alles Liebe für ihren Weg zu wünschen!

Danke!